Gründung, Blütezeit, Untergang und Neubeginn
Die besondere Rolle des Kleingartenwesens für großstädtische Bevölkerung in wirtschaftlicher und gesundheitlicher Hinsicht ist
bereits in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg und besonders in der
Notlage danach erkannt worden.
Die Bedeutung der Selbstversorgung in Notzeiten hatte die Stellung der Kleingartenbewegung erheblich gestärkt. So kam es 1919 zur Verabschiedung des Reichsgesetzes „Kleingarten- und Kleinpachtlandordnung“. Dieses Gesetz enthielt Bestimmungen über: Pachtpreisschutz, Kündigungsschutz, Vermeidung der Spekulation und Abschluss von Zwangspachtverträgen mit Generalpächtern. Mit diesem Gesetz wurde die staatliche Verantwortung für das Kleingartenwesen grundsätzlich geregelt. Unter diesem guten „Stern“ kam es dann im Jahre 1920 zur Gründung des Bezirksverbandes der Kleingärtner Schöneberg-Friedenau e.V.
Die ehemaligen Rot-Kreuz-Gärtner, Laubenkolonisten und nun Kleingärtner hatten sich in 31 Kolonien organisiert und den Bezirksverband
als ihren Dachverband gebildet, um ihre gemeinsamen Interessen besser vertreten zu können. Zu dieser Zeit waren auch die bisherige Stadtgemeinde Schöneberg und die Landgemeinde Friedenau als 11. Verwaltungsbezirk in das neu geschaffene Groß-Berlin eingegliedert worden.
Da die neue Gesetzeslage die Gemeinden verpflichtete, das Kleingartenwesen in jeder Beziehung zu fördern, kam es in Schöneberg
durch das besondere Engagement des Bürgermeisters Alexander Dominicus zu vorbildlichen Kleingartenverhältnissen.
Das Bezirksamt Schöneberg, vertreten durch das Kleingartenamt, verpachtete unter Mitwirkung des Bezirksverbandes die Parzellen
direkt an die einzelnen Bewerber. So sollte verhindert werden, dass sich bei der Vergabe der begehrten Kleingartenparzellen Vetternwirtschaft
und Preiswucher breit machten.
Durch die Bereitstellung eines Fonds von 400.000,- Mark war es möglich die Kleingärten mit Zäunen und Brunnen zu versehen, sowie alle anderen Einrichtungen, wie Spielplätze, Vereinsheime und Lagerplätze zweckmäßig auszubauen. So entwickelte sich das ganze Gelände zu einer grünen Oase, welche von der Bevölkerung als beliebtes Ausflugsziel genutzt wurde.
Ein Obstbestand mit zigtausenden Bäumen und Beerensträuchern bildete im Frühjahr ein gern betrachtetes Blütenparadies. Schon damals wurde auf die unverzichtbare ökologische und klimatische Bedeutung des Kleingartengeländes als grüne Lunge der Stadt hingewiesen.
Allerdings ging es in der Folgezeit nicht ohne. Auseinandersetzungen mit dem Magistrat ab. Bestehende Bebauungspläne, welche von den Kleingärtnern von Anfang an bekämpft wurden, konnten wegen der Inflation und später wegen der Weltwirtschaftskrise nicht in Kraft treten und verschonten somit die Kleingärtner. Mit der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933 wurde die Schöneberger Kleingartenbewegung aber ihrer weitgehenden Selbstbestimmung enthoben. Die bislang traditionsreichen, demokratischen Strukturen im Verband wurden beseitigt. In einer großangelegten Razzia durch die SA wurde im April 1933 das Laubengelände durchkämmt und der damalige ı. Vorsitzende Paul Hepprich vorübergehend inhaftiert. Mit dieser Aktion sollten politisch unzuverlässige Elemente aus den Kleingärten entfernt
werden.
Im Zuge der Speerschen Stadtplanung wurde das gesamte Gelände zwischen 1935 und 1938 gänzlich geräumt. Alle Obstbäume,
Sträucher und Lauben wurden vernichtet und verbrannt. Dieses Bild der Verwüstung wurde damals als Kulturschande bezeichnet.
Die Bebauung begann mit Wohnbauten entlang der Rubensstraße. Der geplante Bau eines großen Südbahnhofs wurde durch den
2. Weltkrieg verhindert. Nun wurde das Gelände für militärische Zwecke in Anspruch genommen. Durch Einsatz von Zwangsarbeitern wurden Flak- und Scheinwerferstellungen, Baracken und Bunker errichtet. Infolgedessen fanden hier schwerste Bombenangriffe statt.
Nach Beendigung des Krieges glich das Südgelände einem Schlachtfeld.
Das Ende des zweiten Weltkrieges befreite die Menschen zwar vor der Angst um das tägliche Überleben, aber nicht von der Sorge um das tägliche Brot. Schon im Juni 1945 scharte Paul Hepprich bewährte Kleingärtner um sich, um mit ihnen die erforderlichen Maßnahmen zu besprechen, welche zur Sicherung der Ernährung durch Bestellung der Flächen mit Kartoffeln, Gemüse und Obst erforderlich waren.
Auch die Neugründung einer Schöneberger Kleingärtnerorganisation wurde diskutiert. Bereits im September 1945 erhielt Paul Hepprich von der amerikanischen Militärregierung die Genehmigung den Verband neu zu organisieren. Stück für Stück wurde der verwüstete Boden wieder urbar gemacht. Das Gelände wurde vom Trümmerschutt befreit, die Bombentrichter verfüllt und Mutterboden aufgebracht. Die Anlagen wurden vermessen und parzelliert.
Mit Genehmigung der amerikanischen Militärregierung hatten sich im Juli 1946 bereits 36 Kolonien im Geschäftsbereich des Bezirksverbandes neu organisiert. Der Bezirksverband regelte die Bereitstellung von Pflanzgut wie Obstbäume, Beerensträucher, Saatgut und Düngemittel.
Eine erste Publikation für Kleingärtner und Siedler stand wieder als Ratgeber und Wegweiser auf allen Gebieten kleingärtnerischer Bodennutzung zur Verfügung. ( Auszug aus der Chronik)